Von Volkszählungen, Jedis und Religionen

Dem ewigen Kampf zwischen Volkszählern und Bevölkerung wurde soeben eine weitere Episode hinzugefügt: Bei der jüngst durchgeführten Volkszählung in Tschechien gaben immerhin 15.070 Bürger an, dass sie der Jedi-Religion angehören. Damit gehört Tschechien jetzt in eine ganze Reihe von Ländern, in der Spaßvögel sich beim Zensus als Jedi bezeichnen. In Australien leben demnach 70.000 Jedi, in Kanada 21.000 und Neuseeland hat 53.000 Anhänger dieser fiktiven Religion aus den Star Wars-Filmen. Spitzenreiter ist und bleibt allerdings Großbritannien: Dort leben laut Volkszählung immerhin 404.179 Jediritter – und das sind immerhin 0,8% der Bevölkerung.

Die tschechische Statistikbehörde CSU scheint das ganze recht humorvoll zu nehmen und reagierte sogar auf einen Facebook-Aufruf und spendierte der „Religion“ einen eigenen Erfassungscode:

Die größte Unterstützung hätten die „moralischen Werte der Jedi-Ritter“ in der tschechischen Hauptstadt erhalten, teilte die Behörde mit. Nach einem Facebook-Aufruf hatten die Statistik-Experten dem Jediismus sogar einen eigenen Erfassungscode zugeordnet. Zuvor lief die angebliche Religion nur unter „sonstige Angaben“.

Das Statistische Bundesamt ist hingegen nicht gerade für seinen Humor bekannt und so leben in Deutschland offiziell keine Jedis. Wie erreicht man sowas? Man erlaubt es den Befragten natürlich nicht, irgendeinen Blödsinn anzugeben, sondern gibt einfach ein paar Antwortmöglichkeiten vor.

So verhindert man effektiv derartige Sabotageaktionen – eine Jedikampagne beim Zensus 2011 hätte also nur die Prozentzahl in der Kategorie „Sonstige Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung“ hochgetrieben.

Die Frage nach der Religionszugehörigkeit zeigt aber auch, wie stark sich Glauben und Religion in Deutschland privatisiert und pluralisiert haben. Bei der Volkszählung 1987 wurde noch recht einfach nach der rechtlichen Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft gefragt:

Die zusätzliche Frage 9 im Zensus 2011 zeigt daher, dass die Frage nach der Religion immer komplexer wird – und die mangelnde Berücksichtigung von Atheisten zeigt auch, wie schwer wir es uns immer noch mit religionslosen Menschen machen.

Dabei zeigt gerade der Blick nach Tschechien, dass nicht nur neue Religionen wie die Jedis auftauchen, sondern dass auch die Bindekraft der alten Kirchen massiv nachlässt. In Tschechien zeigt sich eine geradezu brutaler Verfall der katholischen Kirche:

Nur noch gut jeder zehnte Tscheche bekennt sich zu einer Kirche. Gegenüber der Volkszählung von 2001 sank diese Zahl beim diesjährigen Zensus drastisch von mehr als 2,9 auf rund 1,2 Millionen Bürger, wie das nationale Statistikamt am Donnerstag mitteilte. Die Gesamtbevölkerung wird mit 10,56 Millionen beziffert.

Demnach bezeichneten sich von den Christen am weitaus meisten als katholisch. Ihre Zahl sank allerdings gegenüber 2001 von 2,74 Millionen auf 1,08 Millionen. Die Angabe der Religionszugehörigkeit war freiwillig. 1950 hatten sich noch 76 Prozent der Tschechen (6,8 Millionen) zum Katholizismus bekannt. Unmittelbar nach dem Ende des Kommunismus 1991 waren es noch 4,02 Millionen (39 Prozent).

Innerhalb von 10 Jahren 1,66 Millionen Anhänger in einem Land mit 10 Millionen Einwohnern zu verlieren ist hart. Und da auch reformierte Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder massiv Federn lassen musste und von 120.000 auf 52.000 Anhänger schrumpfte und die Hussiten von 100.000 auf 40.000 dezimiert wurden, gehören die Jedis jetzt zu den größten Religionsgemeinschaften Tschechiens.

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