Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht

*seufz* Nun ist es also offiziell, das Bundeskabinett hat heute den Entwurf für ein Leistungsschutzrecht verabschiedet. Was ist das? Laut Begründung sollen damit Verleger von Zeitungen und Zeitschriften vor dem „systematischen Zugriff“ auf ihre Leistungen geschützt werden. Und wer macht das? Dienste wie Suchmaschinen und Newsaggregatoren. Das Gesetz wendet sich vor allem gegen Google, welches mittlerweile zum wichtigsten Trafficlieferanten gewachsen ist und mittlerweile die Presseverleger in der Hand hat. Der Elektrische Reporter erklärt dies noch etwas besser:

Hier der Gesetzestext:

§ 87f
Presseverleger
(1) Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen. Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.
(2) Ein Presseerzeugnis ist die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge im Rahmen einer unter einem Titel auf beliebigen Trägern periodisch
veröffentlichten Sammlung, die bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend
verlagstypisch anzusehen ist und die nicht überwiegend der Eigenwerbung dient.
Journalistische Beiträge sind insbesondere Artikel und Abbildungen, die der Informationsvermittlung, Meinungsbildung oder Unterhaltung dienen. 4 –
§ 87g
Übertragbarkeit, Dauer und Schranken des Rechts
(1) Das Recht des Presseverlegers nach § 87f Absatz 1 Satz 1 ist übertragbar.
Die §§ 31 und 33 gelten entsprechend.
(2) Das Recht erlischt ein Jahr nach der Veröffentlichung des Presseerzeugnisses.
(3) Das Recht des Pressverlegers kann nicht zum Nachteil des Urhebers oder
eines Leistungsschutzberechtigten geltend gemacht werden, dessen Werk oder nach
diesem Gesetz geschützter Schutzgegenstand im Presseerzeugnis enthalten ist.
(4) Zulässig ist die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen oder Teilen hiervon, soweit sie nicht durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen
oder gewerbliche Anbieter von Diensten erfolgt, die Inhalte entsprechend aufbereiten.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 entsprechend.
§ 87h
Beteiligungsanspruch des Urhebers
Der Urheber ist an einer Vergütung angemessen zu beteiligen.“

Das ist mehr als schwammig formuliert und wird daher für einige Rechtsunsicherheit und haufenweise Abmahnungen und Gerichtsprozesse sorgen. Die Gesetzesbegründung ist immerhin etwas genauer:

„Der Presseverleger wird so vor der systematischen Nutzung seiner verlegerischen Leistung durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen und von gewerblichen Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten, geschützt, die ihr spezifisches Geschäftsmodell gerade auf diese Nutzung ausgerichtet haben.

Andere Nutzer, wie z. B. Blogger, Unternehmen der sonstigen gewerblichen Wirtschaft, Verbände, Rechtsanwaltskanzleien oder private bzw. ehrenamtliche Nutzer, werden somit nicht erfasst. Ihre Rechte und Interessen werden durch das vorgeschlagene Leistungsschutzrecht für Presseverleger mithin nicht berührt.“

Nachdem eine gesamte Branche sich die Butter vom Brot nehmen hat lassen, keilt sie jetzt mit noch unüberschaubaren Nebenfolgen zurück. Die Kämpfe zwischen Verlegern und Google um den lukrativen Werbekuchen könnten uns als Endnutzer ja eigentlich recht egal sein. Dummerweise führt das Leistungsschutzrecht jetzt zu einer größeren Unsicherheit und wohl auch zum Verschwinden diverser Angebote. Eigentlich braucht es hier kein Gesetz: Wenn ich als Verleger keine Lust habe, dass Google meine Artikel in seiner Suchmaschine oder auf Google News indiziert, dann muss ich nur meinen Server richtig konfigurieren. Meiner hier ist etwa so konfiguriert, dass mit Hilfe einer robots.txt nicht alle Seiten in die Suchmaschine aufgenommen werden. Für Google News muss man sich sogar extra anmelden und andere, gewerbliche Seiten, die fleißig Inhalte abschnorcheln, lassen sich mit technischen Maßnahmen problemlos blocken. Bestes Beispiel ist hier wohl der Fall von Aaron Swartz, der versucht hat, einen Haufen gemeinfreier Artikel aus der Datenbank von JSTOR zu laden. Das Leistungsschutzrecht ist daher so unnötig wie ein gesetzlich verankertes Betretungsverbot des Tresorraumes der Deutschen Bank.

Das Problem? Es wird einen Haufen Kollateralschäden geben. So werden es werbefinanzierte Aggregatoren wie etwa Rivva oder Commentarist in Deutschland zukünftig schwer haben. Und für uns Blogger beginnt eine neue Phase der Rechtsunsicherheit, in der immer wieder teure Abmahnungen gelten. Wie sicherlich einige schon bemerkt haben, betreibe ich nebenan unter dem Titel Links.Historische eine kleine Presseschau zu historischen Themen, bei der ich genau das mache – einen systematischen Zugriff auf die Leistungen der Presse. Laut Gesetzesbegründung dürfte das eigentlich in Ordnung sein – ich bin privater Blogger ohne gewerbliches Interesse. Aber will ich das wirklich riskieren? Schon seit einer ganzen Weile verzichte ich freiwillig auf die Verlinkung von FAZ und der Süddeutschen, weil diese bereits jetzt mit Abmahnungen gegen Aggregatoren vorgehen. Lohnt es sich, für ein kleines Hobby diesen Stress zu riskieren? In meiner Freizeit will ich eigentlich lieber Spaß haben, interessante Dinge lesen, Rad fahren, feiern, mich entspannen, amüsieren oder weiterbilden und nicht irgendwelche juristischen Fachdebatten verfolgen oder mich mit Anwälten herumärgern. Ich werde daher die Links.Historische vorerst einstellen. Wirklich Spaß macht es mit dem Juristen im Hinterkopf nämlich nicht mehr.

(Dies betrifft auch die Facebook-Seite der Links und den Twitter-Account @geschichtslinks. Bookmarks werde ich zu privaten Zwecken weiter bei Diigo speichern)

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16 Antworten zu Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht

  1. Frisch gebloggt: Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht http://t.co/ZjjF3kIZ #lsr

  2. RT @MschFr: Frisch gebloggt: Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht http://t.co/ZjjF3kIZ #lsr

  3. @spinfoCL sagt:

    RT @MschFr: Frisch gebloggt: Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht http://t.co/ZjjF3kIZ #lsr

  4. RT @MschFr: Frisch gebloggt: Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht http://t.co/vKoV52qR #lsr:…

  5. Dank des jetzt beschlossenen Leistungsschutzrechtes wird diese Seite eingestellt. Details gibt es auf meinem Blog. http://t.co/DHOYDfwP

  6. RT @Geschichtslinks: Dank des jetzt beschlossenen Leistungsschutzrechtes wird diese Seite eingestellt. Details gibt es auf meinem Blog. http://t.co/DHOYDfwP

  7. @presroi sagt:

    RT @MschFr: Frisch gebloggt: Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht http://t.co/ZjjF3kIZ #lsr

  8. @lieselm sagt:

    RT @MschFr: Frisch gebloggt: Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht http://t.co/ZjjF3kIZ #lsr

  9. @epenschmied sagt:

    Schade, aber ich kanns verstehen. RT @MschFr Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht http://t.co/R4ajnpeV #lsr

  10. @Mareike2405 sagt:

    RT @epenschmied: Schade, aber ich kanns verstehen. RT @MschFr Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht http://t.co/R4aj

  11. @Mareike2405 sagt:

    RT @epenschmied: Schade, aber ich kanns verstehen. RT @MschFr Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht http://t.co/R4ajnpeV #lsr

  12. Pingback: Henning Uhle | Neues vom #LSR – Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage verabschiedet

  13. RT @epenschmied: Schade, aber ich kanns verstehen. RT @MschFr Das Leistungsschutzrecht kommt und Links.Historische geht http://t.co/R4ajnpeV #lsr

  14. vera sagt:

    Ach – ist es schon verabschiedet? Komisch. Hab ich gar nicht mitbekommen. Hatte diesen Gesetzgebungsprozess irgendwie anders in Erinnerung.

    m(

  15. @HistoFakt sagt:

    #Netzpolitik #Copyright Verleger und Bundesregierung scheinen noch immer nicht verstanden zu haben, wie das… http://t.co/3OXmTOCb

  16. Pingback: Die Vorzüge der Anonymität | Schmalenstroer.net

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