Die Deutsche Digitale Bibliothek ist gestartet

Nun ist sie also gestartet, die Deutsche Digitale Bibliothek. Nach langer Vorlaufzeit gibt es nun auch in Deutschland die Betaversion einer Metasuchmaschine, die es verspricht, die verstreut in Bibliotheken, Archiven, Instituten oder Museen digital verfügbaren Kulturschätze auffindbar zu machen. Diese sind momentan nicht nur für Laien schwer zu finden – es braucht ein enormes Wissen um etwa zu wissen, dass es hier in Freiburg das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene gibt, welches eine umfangreiche Sammlung zur Geschichte der Parapsychologie besitzt. Experten in diesem Fachbereich kennen es sicherlich, aber selbst wenn man sich in seinem Gebiet gut auskennt, ist es trotzdem mühsehlig, die chaotischen Internetseiten der Archive und Bibliotheken zwischen Kiel und Freiburg nach bestimmten Digitalisaten zu durchsuchen. Laien oder generell Interessierte sind hier schnell überfordert oder übersehen wichtige Orte. Die Deutsche Digitale Bibliothek verspricht hier Abhilfe und will als deutscher Zulieferer der Europeana endlich etwas Ordnung ins föderale Chaos bringen.

Das sagt sich leicht, die Umsetzung ist aber extrem schwierig. Ein Konzern wie Google investiert ein paar Millionen Euro, leiht sich ein paar Bibliotheken aus, scannt diese und fertig. Ein öffentlich finanziertes Projekt wie dieses muss hingegen erst lange um jeden Cent Finanzierung feilschen, dann die verstreuten und ebenfalls chronisch unterfinanzierten Institutionen zur Mitarbeit überreden, dann irgendwie versuchen, technischen Sachverstand zu besorgen und hoffen, dass alles innerhalb der Projektlaufzeit funktioniert. Und dann kommt zwangsläufig irgendwann der große Tag, an dem das Projekt öffentlich vorgestellt wird und die große Meckerei beginnt: Die Server seien lahm, die Benutzerführung unübersichtlich, die Inhalte zu wenig, in zu schlechter Qualität, unter der falschen Lizenz oder mit schlechten Metadaten versehen und generell und sowieso hätte irgendwer anders das sicherlich besser machen können.

Genau das passiert gerade der DDB: Kritik gibt es etwa bei der Geschichtsweberin oder von Hagen Kohn. Der Kritik von Wikimedia Deutschland kann man sich nur anschließen. Der Hashtag #DDB entält auch so einiges. Wenn Klaus Graf nicht gerade technische Probleme mit Archivalia hätte, gäbe es sicherlich auch dort einiges an Kritik. Was dabei gerne übersehen wird ist, dass es immerhin ein Anfang ist. Immerhin gibt es jetzt die ersten zarten Anfänge einer Metasuchmaschine, die etwas Ordnung ins Chaos bringen könnte. Die wirklichen Probleme dieses Projektes liegen tiefer – so wird etwa die Zeitgeschichtsforschung durch die geltenden Urheberrechtsregelungen nicht nur behindert, sondern blockiert. Diesen gordischen Knoten des Urheberrechts kann auch die DDB nicht durchschlagen.

Von daher: Die DDB ist erst als Beta gestartet und wir haben auch viel über die Europeana gelästert. Vielleicht mausert sich das Ding noch und vielleicht finden die Verantwortlichen auch zu einem konstruktiven Umgang mit freien Lizenzen und gestehen sich ein, dass ihre Inhalte nunmal gemeinfrei sind und damit irgendwie allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen sollten. Für die Institutionen steigt jetzt auf jeden Fall der Druck, irgendwie brauchbare Metadaten abzuliefern. Per Datendump, Api oder Download, irgendwie kommen wir daran. Aber selbst wenn wir es nicht schaffen – die gemeinfreien Inhalte werden wir uns bei Bedarf rauspicken, fleißig darauf verweisen, dass Lucas Cranach bereits seit über 70 Jahren tot ist und dass jeder Urheberrechtsanspruch darauf lächerlich ist und sie nutzen. Und selbst wenn das ganze vollkommen in die Hose geht – das Budget der DDB liegt jährlich bei unter 100 Metern Autobahn. Die fahre ich dann doch gerne auf einer Bundesstraße, wenn es  im Ausgleich die Chance gibt, dass es eine irgendwie funktionierende Metasuchmaschine geben könnte. Von daher: Viel Erfolg und gutes Gelingen, DDB!

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13 Antworten zu Die Deutsche Digitale Bibliothek ist gestartet

  1. RT @MschFr: Spät nachts gebloggt: Meine Ansicht zur #DDB http://t.co/dVUhqbot

  2. RT @MschFr: Spät nachts gebloggt: Meine Ansicht zur #DDB http://t.co/dVUhqbot

  3. Was 100m Autobahn mit der DDB zu tun haben. RT @MschFr Spät nachts gebloggt: Meine Ansicht zur #DDB http://t.co/ze5ewxDY

  4. RT @MschFr: Spät nachts gebloggt: Meine Ansicht zur #DDB http://t.co/dVUhqbot

  5. @akte20_09 sagt:

    RT @MschFr: Spät nachts gebloggt: Meine Ansicht zur #DDB http://t.co/4ZmZ8HtP

  6. @southgeist sagt:

    RT @MschFr: Für die Vormittags-Twitterer auch nochmal der Hinweis auf den Blogbeitrag: Meine Ansicht zur #DDB http://t.co/dVUhqbot

  7. Hagen Kohn sagt:

    Bei aller Kritik – ich wünsche dem Projekt natürlich auch alles gute, vor allem eine bessere Finanzierung, sonst wird es schwer.
    Interessanter Aspekt übrigens, dass die DDB immerhin den Zweck erfüllt, die „Zulieferer“ unter Zugzwang zu setzen. So hatte ich das noch nicht gesehen.

  8. MRT @marlene_n: Lesenswert! @MschFr: Meine Ansicht zur #DDB http://t.co/ZznIGfyl | kommt in meine Sammlung http://t.co/bx0qT9ed (Storify)

  9. @bjoerngrau sagt:

    schöner artikel zur deutschen digitalen bibliothek: http://t.co/fYgNyAkw #ddb

  10. Schöner Artikel zur Deutschen Digitalen Bibliothek: http://t.co/ALyW6ISj #ddb

  11. Pingback: Die Deutsche Digitale Bibliothek und Literaturverwaltung « Literaturverwaltung & Bibliotheken

  12. RT @MschFr: Spät nachts gebloggt: Meine Ansicht zur #DDB http://t.co/dVUhqbot

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