Ein Urheberrecht auf eine Statue von 1501

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Foto: CC-BY-SA 3.0 David Gaya

Eine Meldung hat mich heute doch etwas aufhorchen lassen. Ein amerikanischer Waffenhersteller produzierte eine Werbeanzeige, in der Michelangelos berühmter David ein Sturmgewehr trägt. In der Folge zeigten sich „die Italiener entsetzt“ und wollen rechtlich gegen die Anzeige vorgehen. Wie soll das gehen?

Das Urheberrecht an der berühmten David-Skulptur, die seit 1873 in der Florenzer Galleria dell’Accademia steht, liegt beim italienischen Staat. Für jegliche kommerzielle Nutzung der Marmorstatue verlangt die Regierung in Rom Lizenzgebühren – und ArmaLite hatte diese offensichtlich nicht bezahlt.

„Das Gesetz besagt, dass der ästhetische Wert der Skulptur nicht verunstaltet werden darf“, sagte Akademie-Direktor Angelo Tartuferi der Tageszeitung „Repubblica“. „In diesem Fall haben wir es nicht nur mit schlechtem Geschmack zu tun, sondern auch mit einer illegalen Handlung.“

Da darf man doch etwas stutzig werden: Ein Urheberrecht für eine Statue aus dem Jahr 1501? Müsste das Urheberrecht nicht eigentlich bei Michelangelo liegen? Und ist der nicht schon x Jahrhunderte tot?

Etwas Recherche zeigt, dass es sich hier um ein schönes Beispiel handelt, in der mal wieder aus den Public Domains geklaut wurde. Ein italienisches Gesetz aus dem Jahr 2004 spricht dem italienischen Staat die Urheberrechte an bestimmten Kulturgütern zu. Das ist natürlich schonmal kritisch, da sich hier der Staat selbst etwas zuspricht, was ihm nicht gehört. Statt seine Kulturgüter vernünftig aus dem normalen Haushalt zu finanzieren, wird der Zugang zu ihnen reglementiert und kommerzialisiert. Komplizierter wird es in diesem Fall, da es sich um eine amerikanische Waffenfirma handelt, die ihre Waffe wohl auch nur in den USA bewirbt. Hier versucht der italienische Staat also, ein selbstgeschaffenes Spezialrecht in einem fremden Staat durchzusetzen. Nach US-Recht ist eine künstlerische Verfremdung des Davids erlaubt, solange man für das zugrundeliegende Foto die nötigen Rechte besitzt. Noch absurder wird die ganze Geschichte, wenn man bedenkt, dass der Staat, welcher sich diese Rechte anmaßt, diese noch nicht einmal sinnvoll kommunizieren kann. Das Gesetz gibt es zwar im Internet, aber auch nur auf Italienisch. Und man muss schon länger suchen, um es zu finden.

Damit wird die ganze Geschichte mehr als kafkaesk und zeigt, dass unser Urheberrecht mehr als reformbedürftig ist: Damit ich hier im Blog ein Bild des Davids einbinden kann, muss ich also anscheinend folgendes beachten:

1) Ich muss schauen, ob auf der Statue selbst nach deutschen Recht noch Urheberrechte liegen.
2) Ich muss entweder nach Florenz fahren und selbst ein Bild machen oder mir eins unter einer freien Lizenz suchen.
3) Ich muss Italienisch auf einem Niveau lernen, das mir erlaubt, juristische Texte zu verstehen.
4) Ich muss einen Crashkurs in italienischem Urheberrecht machen.
5) Danach kontaktiere ich mit meinen neuerworbenen Sprachkenntnissen irgendeine italienische Behörde und überweise ihnen eine gesalzene Lizenzgebühr.

Das gleiche wiederholen wir dann nächste Woche mit einem Bild der Verbotenen Stadt in Peking. Den Beitrag kann ich dann nach einem mehrmonatigen Sprachkurs und einer Reise in eine Bibliothek in Shanghai hoffentlich irgendwann im November präsentieren. Da das Urheberrecht bekanntlich dazu da ist, damit Künstler ein Auskommen mit ihren Kunstwerken erwirtschaften und so weitere Kunstwerke schaffen können, freue ich mich jedenfalls schon auf die nächsten Gemälde und Statuen von Michelangelo.

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10 Antworten zu Ein Urheberrecht auf eine Statue von 1501

  1. @patabarelli sagt:

    RT @Planet_History: [http://t.co/gdHHHZAe3W] Ein Urheberrecht auf eine Statue von 1501 http://t.co/UC9RSFVDlG

  2. RT @Erbloggtes: Eine Statue von Kafka von 1501: http://t.co/SYX6RrN14D Nach internationalen Urheberrechtsverträgen gewiss illegales Staatsh…

  3. RT @schelbertgeorg: Italien und das Urheberrecht; nicht nur bei Michelangelo ein Problem… http://t.co/mgP783OHxZ

  4. @HumanVoice sagt:

    „Ein Urheberrecht auf eine Statue von 1501 | http://t.co/sIfNi727vX“ ( http://t.co/goKbJbsWuw )

  5. harro sagt:

    Das mit dem Fotografieren wird immer schwieriger, man kann inzwischen in vielen Museen nicht mehr auch ohne Blitz fotografieren, das ist ein ziemlich übler Trend, die Museen behalten sich die Bildrechte vor, das ist und kann kein Urheberrecht sein, aber es ist eine art Recht (Gebrauchsmuster etc.) wie an einem Logo. Ich erinnere mich dass James Dean, Coca Cola und Marilyn Monroe in den 80ern wie Kitschikonen nebeneinander standen – das ist dann um die Mona Lisa und den David erweitert worden…
    Naja wenn das so weitergeht werden wir alle ständig gegängelt auch mit dem Abbilden von trivialem Zeug.

    Auf dem Berliner Flohmarkt am 17 Juni ist das Fotografieren von Silberbesteck aus den 20ern vermeintlich verboten, der Händler hatte zumindest ein Schild, hier gilt ist das Panoramarecht und er hat weder Rechte an dem Design der Löffel noch das Hausrecht.

    Spätestens mit dem Google Glass kommen wir in eine neue Dimension dann bekomme ich das gar nicht mehr mit wenn Fotos gemacht werden, das ist dann die andere Seite der Medaille.

  6. Würde es hier eigentlich helfen dieses Getty-Images-Lizenz-Dings zu nutzen? Weil: Bild wird nur über die Seite eingebunden und verklagen müssten die Italiener dann Getty?

  7. @quirlsen sagt:

    Ein Urheberrecht auf eine Statue von 1501 http://t.co/hDfBM4rNOe

  8. Pingback: Aktuelles 19. März 2014

  9. @trotzendorff es gibt da so Museen/Institutionen, die die trotzdem für sich beanspruchen: http://t.co/LHXbjIAgGk #allebekloppt

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