Warum werden Blogs eigentlich so wenig kommentiert?

Im Anschluss an die Tagung „Geschichtswissenschaften und Web 2.0“ wird die Diskussion jetzt in den Blogs der Teilnehmer weitergeführt. Kernfrage ist, warum die deutsche historische Blogosphäre eher vor sich hin vegetiert und Blogs nicht zum Massenphänomen geworden sind. Wo sind die bloggenden Studierenden? Warum bloggt kein Lehrstuhlinhaber? Wo sind die Doktoranden? Das (übrigens sehr lesenswerte) Weblog der AG FNZ fragt: Wo ist denn eigentlich die Diskussion?
Blogs werden ja gerne als Orte der Diskussion beschrieben, als Möglichkeit, ein schnelles Feedback zu einer Idee zu bekommen und als ein neuartiger Kommunikationskanal. Umso frustrierender muss es für einen Neublogger sein, wenn er bemerkt, dass keiner sein Blog liest und dass auch keiner einen Kommentar hinterlässt. Das ist dann häufig der Zeitpunkt, an dem viele aufgeben. In den meisten Geschichtsblogs im deuschen Raum wird gar nicht diskutiert. Allenfalls auf Histnet tauchen häufiger mal Kommentare auf und auf Archivalia provoziert der häufig recht rüde Postingstil gerne lautstarke Einsprüche, aber ansonsten ist die Diskussionskultur praktisch tot.
Doch was sind die Gründe dafür? Einige Leute behaupten, dass die Kommentare zunehmend auf Plattformen wie Twitter oder Facebook wandern. Aber auch dort findet keine Diskussion statt.
Das Phänomen hat meiner Meinung nach nichts mit der Geschichtsblogosphäre allgemein zu tun. Natürlich regen streitbare Themen wie neue Hardware von Apple oder Unfug, den unsere Regierung veranstaltet, eher zur Diskussion an, aber es gibt auch eine ganze Reihe von Blogs, die trotz eher simpler Themen eine hohe Zahl von Kommentaren haben. Der Shopblogger ist hier wohl das beste Beispiel: Ein unspektakuläres Ereignis in einem Bremer Supermarkt kann zu höheren zweistelligen Kommentarzahlen führen. Es ist also nicht das Thema und auch nicht unbedingt die Anzahl der Leser (auch wenn ein Vergleich der Nutzerzahlen zwischen den deutschen Geschichtsblogs interessant wäre): Kommentiert wird dort, wo es eine Kommentarkultur gibt. Leser schreiben dort Kommentare, wo viel kommentiert wird, wo es eine gewisse Community gibt. Diese gibt es aber ganz offensichtlich nicht in der deutschen Geschichtsblogosphäre.
Das Problem betrifft nicht nur „uns“ und es gibt keine Patentlösung. Wenn jemand eine hätte, könnte er sie für teures Geld an die unzähligen Social Networks ohne Nutzer, die vielen Foren ohne Beiträge oder die leeren Kommentarspalten diverser Zeitungen verkaufen. Die Frage, warum Nutzer sich auf einer Seite engagieren und auf einer anderen nicht, ist leider nicht zu beantworten. Es scheint sich meiner Erfahrung aber um zwei Elemente zu drehen:

1) Das Henne-Ei-Problem: Wo viele Kommentare sind, steigt auch die Wahrscheinlichkeit weiterer Kommentare. Dummerweise startet jedes Blog ohne Kommentare und es ist extrem schwierig, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Daher gibt es sogar Firmen, die Fakekommentare für diverse Auftragsgeber verfassen, um so Aktivität vorzutäuschen. Für Historiker ist dies aber wohl die falsche Lösung.

2) Der Matthäus-Effekt: „Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, dass er Fülle habe; wer aber nicht hat, von dem wird auch genommen, was er hat.“ Seiten mit vielen Kommentaren sind auch für die Nutzer attraktiver, die Zahl der Seitenaufrufe steigt, mehr Kommentare werden abgegeben und andere Seiten gehen leer aus. Bei Social Networks ist dieser Effekt schön zu beobachten: Wenn eine Seite wie Facebook erstmal eine kritische Masse erreicht hat, dann zieht sie automatisch neue User zu sich und die anderen Anbieter verlieren. Bei Blogs ist dies ähnlich – wenn ausreichend Historiker bloggen würden, dann gäbe es auch in der Zunft ein größeres Interesse.

Was kann man also tun? Das eine ist sicherlich eine bessere Vernetzung. Ich habe z.B. eben festgestellt, dass ich keine Blogroll habe, was ich dringend ändern muss. Das gilt aber auch für die Verlinkung anderer Beiträge und natürlich um das Aufgreifen einer einmal angestoßenen Diskussion. Ansonsten sollte sich jeder vornehmen mehr Kommentare zu verfassen. Ich neige auch dazu, die Beiträge anderer im RSS-Reader zu lesen, mir meinen Teil dazu zu denken und sie dann wegzuscrollen. Manchmal vergisst man, dass dort richtige Menschen bloggen und dass ein ermunternder und konstruktiver Kommentar häufig die Motivation des Autors steigern kann. Also: Wer selbst mehr Kommentare will, sollte selbst mehr kommentieren!

Eine lebhafte Diskussionskultur könnte durchaus auch den Effekt haben, weitere Blogger anzuziehen. Das ist meiner Meinung nach wichtiger als das Erwerben wissenschaftlicher Meriten oder irgendwelcher Publikationspunkte durch Blogs – denn zumindestens den tausenden Geschichtsstudenten dürften diese relativ egal sein.

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