Computerfieber

Computerfieber ist eine TV-Dokumentation aus dem Jahr 1984, welche die Frühzeit der Heimcomputerwelle in den Blick nimmt. Der erste Eindruck ist ein gewaltiger Sturm der Nostalgie: Kaufhauskinder, die ihre Zeit nach der Schule an den Demorechnern verbringen. Frühe Computernerds. Zockerkinder. Bärtige Programmierer. Daddelnde Kinder in Großaufnahme. Und zwischendurch natürlich immer wieder die flimmernden Sprites der Commodores.

Schaut man die Dokumentation hingegen mit den Augen eines Historikers, dann treten noch einige weitere höchst interessante Aspekte in den Vordergrund: Es zeigt sich, dass das Fernsehen auch vor dem Siegeszug der Privatsender nicht unbedingt fairer berichtet hat. Der Stil der Doku unterscheidet sich natürlich deutlich von heutigen Produktionen, er ist deutlich ruhiger als man es mittlerweile gewöhnt ist, aber der Reporter versucht alles ihm mögliche, um seine Gesprächspartner schlecht dastehen zu lassen. Gerade den Nerds merkt man die Unbehaglichkeit angesichts von Fragen wie "Hast du eigentlich eine Freundin?" oder "Ist das nicht einsam hier so ganz alleine nur mit dem Computer?" deutlich an. Wer sich also nach dem "guten, alten Journalismus" in der Zeit vor dem Quotendruck sehnt, dürfte gut überrascht werden. Das Interessanteste war für mich aber dieses Ambivalente, was in der Dokumentation mit schwinkt: Die Zeitgenossen wissen irgendwie, dass Computer die Zukunft sind, gleichzeitig sind sie eine fremde Welt, die noch unbekannt ist und von der man gleichzeitig fasziniert und bedroht ist. Tolle neue Möglichkeiten drohen alte Arbeitsplätze zu vernichten. Der soziale Zerfall wird befürchtet. Computerspielen wird ein gehöriges Suchtpotenzial zugeschrieben. Die totale Überwachung durch Computer wird befürchtet. Und es wird die auch heute noch diskutierte Frage nach der Gewalt in Computerspielen angesprochen. Das war für mich das vielleicht Überraschenste: Wir scheinen seit über 25 Jahren die immer gleichen Diskussionen zu führen.

Was sich aber stark gewandelt hat, ist der Fortschrittsoptimismus der Computerfans: Alle scheinen sich selbstständig zu machen, lernen Programmieren und lernen für die Zukunft, in der vieles besser und einfacher wird – bis hin zum Haushaltsroboter, der alle Arbeiten erledigt. Deutlich wird auch der Versuch, die Maschine zu verstehen. Es geht nicht darum, sie nur zu benutzen, sondern sie zu beherrschen. In dieser Hinsicht hat sich einiges geändert. Ich schreibe jetzt nicht mehr viel über die Doku. Sie steht eigentlich für sich selbst.

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