Wenn ein Affe ein Foto schießt…

Es gibt das schöne Theorem von den unendlich vielen Affen, die unendlich lange auf unendlich vielen Schreibmaschinen tippen und irgendwann entweder alle Werke Shakespeares oder alle Bücher in der französischen Nationalbibliothek produziert haben. Als Gedankenexperiment ist das interessant, aber wirklich spannend wird es, wenn Affen wirklich etwas produzieren.

David Slater ist Naturfotograf und war in einem Nationalpark in Nordsulawesi in Indonesien unterwegs, um Bilder einer bedrohten Affenart zu schießen. Diese Schopfaffen sind anscheinend recht zutraulich und ließen ihn auch sehr nahe an sich heran, was nicht bei allen Affenarten der Fall ist. Slater ließ seine Kamera einen Moment unbeaufsichtigt, Affen sind neugierig und Kameraobjektive glänzen verlockend und so schnappte sich eine weibliche Äffin das Gerät, starrte fasziniert herein und schaffte es, mehrere Bilder von sich selbst zu schießen.

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Die Geschichte ist großartig und das Bild ist fantastisch. Logischerweise verbreitete es sich wie ein Lauffeuer über die üblichen sozialen Netzwerke, Foren, Nachrichtenseiten und auf Twitter. Vielleicht hat mittlerweile auch schon dieser Typ Mensch, der per Mail uralte witzige Dinge verschickt, über die man vor 6-12 Monaten gelacht hat, davon Wind bekommen.

Aber: Wer besitzt eigentlich das Urheberrecht an dem Bild?

Urheber ist nach §7 unseres Urheberrechtsgesetzes der Schöpfer eines Werkes. In diesem Fall ist das der Affe. Und Affen sind juristisch gesehen wie auch alle anderen Tiere zwar keine Sachen, aber “wie Sachen zu behandeln”. Da aber der Urheber eine natürliche Person sein muss, kann der Affe eben kein Urheber sein. Das Bild muss also zwangsläufig gemeinfrei sein.

Das hindert aber natürlich die üblichen Verdächtigen wie Nachrichtenagenturen, trotzdem Urheber- bzw. Verwertungsrechte für das Bild zu reklamieren und fleißig Lizenzgebühren dafür zu kassieren.

Was kaum einer weiß, aber in diesem Zusammenhang wohl wichtiger ist: Affen als Schöpfer eines Werkes tauchen selten auf. Andere Menschen hingegen schon. Und da der Urheber nunmal juristisch gesehen die Person ist, welche auf den Auslöser drückt, dann bedeutet das, dass wir praktisch keine Bilder von uns selbst besitzen, an denen wir das Urheberrecht besitzen. Fragt man den zufällig vorbeikommenden Touristen, ob er ein Foto von einem vor dem Eiffelturm knipst, besitzt der Tourist das Urheberrecht. Partyfotos, auf denen man selbst drauf ist, selbst wenn sie mit der eigenen Kamera aufgenommen wurden, sind ebenfalls nicht die eigenen. Und auch das Urheberrecht am eigenen Passbild liegt beim Fotografen des Fotostudios – entsprechende Abmahnungen gab es bereits. Im Kern sind nur per Selbstauslöser selbst geschossene Portraits juristisch sauber – auch wenn das dem normalen Empfinden des Großteiles der Bürger widerspricht. Ich werde jedenfalls keinen meiner Freunde abmahnen, weil er auf Facebook ein von mir geschossenes Bild als Profilfoto verwendet.

Das zeigt aber sehr schön, mit welchen juristischen Fallstricken der Mensch im digitalen Zeitalter plötzlich konfrontiert ist – einfach, weil viele Dinge dank effizienter Suchmaschinen plötzlich öffentlicher werden. Der Affe – wenn er denn Internetzugang, das Urheberrecht und die Fähigkeit zu Sprechen hätte – könnte ohne Probleme das Bild oben auf meiner Seite finden und mich verklagen. Früher, in der “analogen Welt” hätte der indonesische Affe niemals herausgefunden, was ich mit seinem Bild mache.

Update: In den USA hat der dortige “Rechteinhaber” versucht, die Seite Techdirt zum Löschen der Bilder zu bewegen.

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Eine Antwort zu Wenn ein Affe ein Foto schießt…

  1. Die Affen-Selfie Geschichte ist übrigens schon über 3 Jahre alt http://t.co/nuxlgJidXA

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