2011 war kein gutes Jahr für Diktatoren – Ben Ali musste aus Tunesien flüchten, Mubarak sitzt in einem ägyptischen Knast, Gaddafi endete in einem Abwasserrohr und kurz vor Jahresende gab auch der mörderischste Diktator weltweit den Löffel ab: Kim Jong Il.
2011 hätte eigentlich das Jahr sein müssen, in dem wir alle uns Gedanken über unser Verhältnis zu eben diesen Diktatoren hätten machen sollen. Im arabischen Frühling kam genau diese Frage auf. Die Diktatoren, die gerade Krieg gegen ihr eigenes Volk führten, wurden jahrelang „vom Westen“ unterstützt. Und „der Westen“, das sind wir, die Bundesrepublik, unsere Regierung, die wir gewählt haben.
Leider versandete die Debatte schnell wieder und wir verkaufen immer noch fleißig weiter Panzer an Länder wie Saudi Arabien, welches durch seinen Einmarsch in Bahrein klar gezeigt hat, auf welcher Seite es steht. Hier stellt sich die Frage nach bürgerlicher Partizipation in der Außenpolitik: Sie ist selten wahlentscheidend und im Kern verfolgen alle Parteien grob die gleiche Linie: Mubarak etwa wurde von Helmut Kohl, Gerhard Schröder, Angela Merkel und wieder Angela Merkel unterstützt.
Anders hingegen sah es im Fall Kim Jong Il aus. Hier stellt sich eine ganz andere Frage: Nicht, wie unsere Politik mit Nordkorea umgeht, sondern wie wir uns selbst zu dem größten (bis vor kurzem) lebenden Massenmörder weltweit stellen. Kim Jong Il hinterlässt eine Blutspur, für die der Begriff „unglaublich“ nur nicht passend erscheint, weil andere Regime im 20. Jahrhundert uns bereits an solche Grausamkeiten gewöhnt haben.
Trotz dieser Grausamkeiten sorgte Nordkorea lange Zeit vor allem für eins: Gelächter. Spott. Amüsement. Die völlig abstrusen Aktionen des Regimes (Wer erinnert sich nicht an die Riesenhasen? Die lustigen Websites? Dieses kaputte Riesenhotel, welches erst kürzlich fertiggestellt wurde? All die anderen Dinge?) führten zu diversen Parodien, Satiren und Verspottungen, in deren Zentrum immer Kim Jong Il höchstpersönlich stand. Nicht nur zahllose Filme zogen ihn durch den Kakao – der Spott blühte vor allem im Internet.
Entsprechend waren auch die meisten Reaktionen auf Kim Jong Ils Tod in Foren, Kommentaren, bei Twitter, Facebook und Google+: Es standen weniger Besorgnis vor einem Krieg oder einer sonstigen Zuspitzung der Lage in Korea im Vordergrund. Kaum einer äußerte die Hoffnung, dass es dem geknechteten nordkoreanischen Volk in Zukunft besser gehen könne. Nein, der Großteil der Netzbürger war fleißig dabei, sich zu fragen, über wen man sich denn in Zukunft so gut lustig machen könne. Nur gut, dass der neue Diktator etwas moppelig geraten ist. Dicke gehen immer – und wenn das Volk verhungert, ist ein dicker Diktator natürlich gleich viel lustiger.
Dies gilt im Prinzip auch für den Umgang mit dem Nationalsozialismus und anderen „historischen“ Diktaturen – ich empfehle einen Blick in mein kleines, gerade furchtbar inaktives Nebenblog. Auch im Umgang mit Adolf Hitler oder Josef Stalin steigt der Klamaukanteil deutlich an.
Nur – ist das wirklich der passende Umgang mit so einer Diktatur? Ich weiß es auch nicht – ich habe auch immer fleißig mitgelacht über diesen drolligen Menschen, der banale Dinge anschaut. Über diese riesige Maschine. Über diesen Musikclip. Über Team America. Aber so langsam kommen mir Zweifel, ob dies wirklich angebracht ist. Oder ob wir als Zivilgesellschaft Diktaturen nicht als Witz ansehen, sondern klar verurteilen sollten. Vielleicht hören dann irgendwann auch unsere Regierungen damit auf, sie zu unterstützen.
Oder sind Humor und Spott genau die richtigen Waffen, da sie diesen Leuten ihre Selbstinszenierung versauen?