Das Bundesverfassungsgericht ist der Hüter der deutschen Verfassung. Egal mit welchem Thema der bundesrepublikanischen Geschichte man sich beschäftigt, irgendwann wird man immer auf ein Urteil des Verfassungsgerichtes stoßen. Als Hüter der Verfassung landen wichtige gesellschaftliche Konflikte und Themen irgendwann in Karlsruhe und die Richtersprüche in Karlsruhe haben die Republik entscheidend geprägt: Von den Ostverträgen über die Wiedervereinigung, von der Gründung der Bundeswehr über die Spiegel-Affäre, von Fernsehurteilen über Grundrechtsschutz, von der Gleichberechtigung der Frau zum Verbot der Diskriminierung der Frau, vom KPD- und NPD-Verbot zum Kippen des Wahlrechtes – das Bundesverfassungsgericht ist ein extrem wichtiger Akteur auf der politischen Bühne. In Karlsruhe wird fast so viel Politik gemacht wie in Berlin.
Entsprechend wichtig ist es für die Geschichtswissenschaft das Handeln und die Urteilspraxis des Gerichts zu untersuchen. Bremst oder beschleunigt es gesellschaftlichen Wandel? Welche politische Ausrichtung besitzt es? Wie kommen seine Urteile zustande? Fallen diese einvernehmlich oder herrscht unter den Verfassungsrichtern selbst Uneinigkeit? Hätten einige Entscheidungen anders ausfallen können?
Dafür ist der Zugriff auf die Akten des Gerichtes elementar. Ohne diese internen Akte fungiert das BVerfG als Black Box, das Entscheidungen trifft, aber über dessen innere Vorgänge keiner Bescheid weiß. Archivalia weißt darauf hin, dass das Plenum des BVerfG eine „einheitliche Sperrfrist für die Gewährung von Akteneinsichts- und -auskunftsersuchen Dritter in Verfahrensakten von 90 Jahren gerechnet ab der Verkündung einer Entscheidung aufnehmen“ will. Ein im Jahr 2012 verkündetes Urteil könnte dann erst im Jahre 2102 ernsthaft erforscht werden. Selbst die Akten zu den ersten Urteilen des Gerichtes würden erst im Jahr 2039 zugänglich.
Diese Zahlen zeigen, dass diese geplante Frist deutlich zu lange ist. Andere staatliche Akten werden nach 30 Jahren zugänglich und es gibt keinen Grund, warum es für das BVerfG eine Ausnahme geben sollte. Am 8. November wird sich der Bundestag mit dem Thema beschäftigen und es bleibt zu hoffen, dass dieser diesen Plänen ein Ende bereitet.
Gebloggt: 90 Jahre Sperrfrist für Akten des Bundesverfassungsgerichtes? http://t.co/SNHTcvUY
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