Das Kneipenlog diskutiert über Unsterblichkeit und ich schrieb über Urheberrecht. Die Verbindung beider Themen ist unangenehm, aber interessant. Das Urheberrecht gilt bekanntlicherweise bis 70 Jahre nach dem Tod. Gebe ich jetzt den Löffel ab, wird dieser Text am 1. Januar 2083 zusammen mit den Werken von Otfried Preußler gemeinfrei.
Diese Verbindung von Lebens- und Schutzdauer führt zu einer schleichenden Ausweitung des Urheberrechts. Im Jahre 1965, als die heute noch geltende 70 Jahresfrist beschlossen wurde, lag die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt bei 67,7 Jahren. Ein im Jahr 2010 geborenes Kind kann hingegen damit rechnen, dass es 82,7 Jahre alt wird. Auch ohne Ausweitung der Schutzrechte sorgt der begrüßenswerte medizinische Fortschritt dafür, dass Werke länger urheberrechtlich geschützt sind.
Dazu kommt noch ein anderes Thema: Momentan ernten wir die Vernichtungsdividende des Zweiten Weltkrieges. Krieg, gezielte Ermordung, Hunger und Seuchen meuchelten zig Millionen Menschen vor ihrer Zeit. Und so zynisch das jetzt klingt – wir profitieren gerade davon. Nehmen wir das Werk eines Schriftstellers, der von den Nazis ermordet wurde. Ohne deren Mordtat hätte er deutlich länger gelebt und sein Werk wäre noch nicht gemeinfrei. In ein paar Jahren jedoch rückt die 70 Jahre-nach-dem-Tod-Grenze allerdings aus den Kriegs- und Nachkriegsjahren heraus und damit sinkt, Frieden und Medizin sei Dank, die Zahl der vorzeitig aus dem Leben geschiedenen Schriftsteller und Künstler.
Dazu kommt ein Problem, welches kaum besprochen wird: Die Vererbung des Urheberrechtes. Dieses gilt bis 70 Jahre nach dem Tod und es wird an alle Erben gleichzeitig verteilt, außer es wird explizit im Testament angesprochen. Die Erbengemeinschaft muss daher gemeinsam über eine Verwendung entscheiden. Nehmen wir einmal ein Beispiel: Jemand findet das Fotoalbum seines Urgroßvaters, sagen wir mal gestorben 1975. Ehefrau auch gestorben, drei Kinder, eines davon ebenfalls bereits verstorben, mit jeweils auch drei eigenen Kindern. Um das Album zu scannen und ins Internet zu stellen müsste man, wenn man juristisch ganz korrekt vorgehen wollte, das Einverständnis der zwei noch lebenden Kinder einholen sowie das der Erben des verstorbenen Kindes. Das ist selbst in Familien mit engem Zusammenhalt schwierig, falls der Kontakt zu einem Teil der Familie abgebrochen ist, Streit herrscht oder etwa gar jemand von außen erstmal die Verwandtschaftsverhältnisse rekonstruieren muss, wird das praktisch unmöglich. In der nächsten Generation sind dann noch mehr Erben beteiligt, die von ihrem Erbe meistens noch nicht mal etwas wissen. Die Wahl ist dann, das Fotoalbum einfach trotzdem hochzuladen. Das funktioniert meistens, Seiten wie die Wikipedia können da aber bei genauen Kontrollen Probleme machen; ebenso können natürlich auch Familienstreitigkeiten zu gar üblen Klagen führen. Richtig spaßig wird das ganze, wenn Werke unter Pseudonym veröffentlicht werden. Früher war das seltener üblich, heute ist das dank Internet eher die Regel.
Der Science Fiction-Autor Paul Di Filippo hat dies in seiner Kurzgeschichte Plumage from Pegasus einmal konsequent durchgedacht: Dort ermordet am Ende der Sohn seinen fünfhundertjährigen Vater, damit er seine Buchreihe übernehmen kann.
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