Eine Kritik von Tatort und Co.Es gibt Fernsehabende, an denen das Publikum an einem einzigen Abend praktisch das gesamte Spektrum des deutschen Fernsehkrimis erleben kann. Dienstag, der 5. September, beispielsweise: WDR (1x Tatort, 2x Kommissar Dupin),…
Autor: Prof. Dr. Manfred Clemenz
L.I.S.A.
Wider den magischen Realismus. Die Debatte um die Kriegsziele im Ukraine-Krieg
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Ein MeinungsbeitragDer Ausdruck „magischer Realismus“ stammt von Ivan Krastev. Er beschreibt das Problem, dass durch „magische“, vorgeblich realistische, in Wirklichkeit aber immer höher geschraubte militärische und politische Ziele die Chancen auf Waf…
L.I.S.A.
„Der Kunstmarkt ist lediglich eine Bankierspekulation“
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Van Goghs Kunstmarktstrategien“Mein lieber Bruder, wenn ich nicht infolge dieser verfluchten Malerei verratzt und verrückt wäre, was für einen Kunsthändler würde ich abgeben.“ Diese Zeilen schrieb Vincent van Gogh im Juli 1888 an seinen Bruder Theo. Va…
L.I.S.A.
Van Gogh Superstar: „Making Van Gogh. Geschichte einer deutschen Liebe“
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Bemerkungen zur van-Gogh-Ausstellung im Städel-Museum Frankfurt a.M., zu van Gogh und zum KunstmarktDer ehemalige Kunsthändler van Gogh (er war es immerhin sieben Jahre lang, war also Experte auf diesem Gebiet) hatte eine unglückliche Liebe zum Kunstma…
L.I.S.A.
Van Gogh Superstar: „Making Van Gogh. Geschichte einer deutschen Liebe“
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Bemerkungen zur van-Gogh-Ausstellung im Städel-Museum Frankfurt a.M., zu van Gogh und zum KunstmarktDer ehemalige Kunsthändler van Gogh (er war es immerhin sieben Jahre lang, war also Experte auf diesem Gebiet) hatte eine unglückliche Liebe zum Kunstma…
L.I.S.A.
„Der Humanismus ist tot“
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Der Film zum Buch: Michel Houellebecqs „Unterwerfung“ (ARD, 6.6.2018) | Eine BesprechungDass Edgar Selge ein großartiger Schauspieler ist, hat er in der Bühnenfassung des Houellebecq’schen Romans im Hamburger Schauspielhaus bewiesen. Als quasi Alleinu…
L.I.S.A.
Glanz und Elend in der Weimarer Republik<br />
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Eine spektakuläre Ausstellung zeigt das ambivalente Lebensgefühl der Weimarer Republik
Nur mit Mühe lassen sich die in der Frankfurter Schirn ausgestellten Werke unter den Titel „Glanz und Elend der Weimarer Republik“ subsumieren. Der Titel (wahrschei…
L.I.S.A.
Die Macht der Medien. Über strukturelle Fakes und andere Irreführungen
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Ein Meinungsbeitrag
Vorbemerkung: Ich möchte im Folgenden an drei aktuellen Beispielen: Der Titelgeschichte des SPIEGEL vom 7.1.2017, Nr.41, der PLASBERG-TALKSHOW vom 16.10.2017 und der Berichterstattung über Katalonien, DIE ZEIT vom 5.10.2017, Nr.41, meine Überlegungen zu strukturellen Fakes in den Medien erörtern. Es handelt sich um Fallbeispiele, die als solche nicht ohne weiteres verallgemeinerbar sind, aber heuristische Bedeutung besitzen.
L.I.S.A.
Das Kanzler-Duell: Wie nach dem TV-Duell mit Umfragen Politik gemacht wurde
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Wer sich für Politik und aus professionellen Gründen auch für Umfragen interessiert, reibt sich nach dem sogenannten TV-Duell vom vergangenen Sonntag verwundert die Augen. In den Medien werden Umfragewerte verbreitet, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. In der ARD wurden während (!) und unmittelbar nach der Sendung Ergebnisse von Infratest bekanntgegeben: Merkel liege insgesamt mit 55% vor Schulz (35%). Beim /ZDF (Forschungsgruppe Wahlen) sehen die Ergebnisse dramatisch anders aus: 32% für Merkel, 29% für Schulz. 39% der noch unentschiedenen Wähler sehen keinen nennenswerten Unterschied. Beide Befragungen beanspruchen Repräsentativität, wobei allerdings die Forschungsgruppe Wahlen einräumt, dass ihre Ergebnisse nur repräsentativ für Politbarometer-Zuschauer sind, die zuvor angegeben haben, sich das TV-Duell anzuschauen, also überdurchschnittlich politisch interessiert sind. Objektiv betrachtet haben wir es also mit zwei unterschiedlichen Erhebungen zu tun.
L.I.S.A.
Feuer und Schwert um der Gerechtigkeit willen
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Besprechung von Heinrich von Kleists „Michael Kohlhaas“ im Schauspielhaus Frankfurt
Mit der impliziten Frage, ob Michael Kohlhaas einer der „rechtschaffendsten und zugleich entsetzlichsten Menschen seiner Zeit“ gewesen sei, führt Kleist den Leser – und Zuschauer – in die Irre. Kohlhaas ist zunächst einer der rechtschaffendsten, dann aber schrecklichsten Menschen seiner Zeit. Kleist zeigt einen Entwicklungsprozess, der durch den schwachen, weil versöhnlichen Schluss des Stückes – ähnlich wie im Prinz von Homburg – entschärft wird: Kohlhaas bekommt in seiner Sache recht, wird aber wegen Aufruhr und Mordbrennerei zum Tode verurteilt, ein Urteil, das er ergebenst annimmt. Als Racheengel in eigener Sache hatte längst alle Grenzen der Rechtschaffenheit überschritten.
L.I.S.A.
Liebe, Unterwerfung, Zerstörung
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Heinrich von Kleists „Penthesilea“ im Schauspiel Frankfurt
Kleists „Penthesilea“ handelt, wie auch „Michael Kohlhaas“, von Unterwerfung und Zerstörung in einem sozialen und kulturellen Kontext – und von Liebe in ihrer extremsten Form. Kleist hielt seine „Tragödie“ für unspielbar, sie wurde erst 65 Jahre nach seinem Tod erstmals aufgeführt. Umso größer sind die Schwierigkeiten, dieses Stück aufgrund der notwendigen Kürzungen und der Komplexität des Textes kongenial aufzuführen.
L.I.S.A.
„Meine Kunst ist deutsch, stark, herb und innig“
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Mit dem Hinweis auf seine «deutsche Kunst» wandte sich Emil Nolde 1938 an Reichsminister Goebbels und bat um Rückgabe des beschlagnahmten Bilderzyklus «Das Leben Christi» (1911/12). Er fügte hinzu, dass er von der «Weltbedeutung des Nationalsozialismus» überzeugt sei, und schloss mit «Heil Hitler». Kaum ein neuerer Kommentar zu Nolde versäumt es, auf diese oder ähnliche Passagen hinzuweisen, in denen Nolde sich den NS-Machthabern anbiederte. Geradezu triumphierend wird der Skalp des «glühenden Nazis» Nolde in die Höhe gehoben, freilich nicht ohne den Hinweis, dass Noldes Kunst nicht «nationalsozialistisch» sei. Weniger Gedanken werden darauf verwendet, was eigentlich der Ertrag dieser Geste sein soll.
L.I.S.A.
„Meine Kunst ist deutsch, stark, herb und innig“
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Mit dem Hinweis auf seine «deutsche Kunst» wandte sich Emil Nolde 1938 an Reichsminister Goebbels und bat um Rückgabe des beschlagnahmten Bilderzyklus «Das Leben Christi» (1911/12). Er fügte hinzu, dass er von der «Weltbedeutung des Nationalsozialismus» überzeugt sei, und schloss mit «Heil Hitler». Kaum ein neuerer Kommentar zu Nolde versäumt es, auf diese oder ähnliche Passagen hinzuweisen, in denen Nolde sich den NS-Machthabern anbiederte. Geradezu triumphierend wird der Skalp des «glühenden Nazis» Nolde in die Höhe gehoben, freilich nicht ohne den Hinweis, dass Noldes Kunst nicht «nationalsozialistisch» sei. Weniger Gedanken werden darauf verwendet, was eigentlich der Ertrag dieser Geste sein soll.
L.I.S.A.
Weiße Haut, brauner Nazi-Kuchen
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Um es gleich am Anfang zu sagen: der poetischste Moment der Uraufführung war das höchstpersönliche Erscheinen des „weißen Wolfs“. Am Ende der Aufführung trabt er – ein wolfsähnlicher Hund – über die Bühne, schnüffelt da und dort und verschwindet wieder. Er hätte es verdient, an dem reichlichen Premierenapplaus teilzunehmen..
Das neueste Stück von Lothar Kittstein, dem Schauspiel Frankfurt seit langem verbunden, spielt auf zwei Ebenen, einer expliziten und einer impliziten. Das was auf der impliziten Ebene nur angedeutet beziehungsweise ausgespart wird, ist ebenso relevant, wie das, was auf der Bühne gezeigt wird. Die Diskrepanz zwischen den beiden Ebenen ist das dramaturgische Manko eines ambitionierten Stückes, das an seinen eigenen Ambitionen scheitert.
L.I.S.A.
Weiße Haut, brauner Nazi-Kuchen
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Um es gleich am Anfang zu sagen: der poetischste Moment der Uraufführung war das höchstpersönliche Erscheinen des „weißen Wolfs“. Am Ende der Aufführung trabt er – ein wolfsähnlicher Hund – über die Bühne, schnüffelt da und dort und verschwindet wieder. Er hätte es verdient, an dem reichlichen Premierenapplaus teilzunehmen..
Das neueste Stück von Lothar Kittstein, dem Schauspiel Frankfurt seit langem verbunden, spielt auf zwei Ebenen, einer expliziten und einer impliziten. Das was auf der impliziten Ebene nur angedeutet beziehungsweise ausgespart wird, ist ebenso relevant, wie das, was auf der Bühne gezeigt wird. Die Diskrepanz zwischen den beiden Ebenen ist das dramaturgische Manko eines ambitionierten Stückes, das an seinen eigenen Ambitionen scheitert.
L.I.S.A.
Das Leben als Geisterbahn – „Der Wille zur Wahrheit“
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
„Wille zur Wahrheit“ kann man bei Bernhard, je nach Perspektive, als Provokation, als Paradox oder als Witz verstehen. Jedenfalls hat es wenig oder nichts mit einem herkömmlichen Verständnis von Wahrheit zu tun, sondern unterläuft dieses gleichsam. Der Anspruch auf Wahrheit ist, so Thomas Bernhard, Lüge, Verfälschung, alles Mitgeteilte ist „Fälschung.“ „Der Wille zur Wahrheit ist wie jeder andere, der rascheste Weg zur Fälschung und zur Verfälschung eines Sachverhalts“, wie er in dem autobiographischen Text Der Keller schreibt. Bernhard hat sich in seinen autobiographischen Texten an diese Maxime gehalten. Bernhard ist „Geschichtenerfinder“, seine Texte sind „Theater“, im genauen Sinn des Wortes. Es ergreift uns, erschüttert uns, stösst uns ab. „Wahrheit“ finden wir nur im Text, nicht in einer vermeintlichen biographischen Authentizität. Ähnlich hat es Picasso gesehen. Die Kunst ist eine Lüge, die zur Wahrheit führt. Die Welt ist absurd, sagt uns Bernhard, aber – ähnlich wie der spätere Camus es sagt – man kann sich wehren, zur „Revolte“ schreiten.
L.I.S.A.
Das Leben als Geisterbahn – „Der Wille zur Wahrheit“
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
„Wille zur Wahrheit“ kann man bei Bernhard, je nach Perspektive, als Provokation, als Paradox oder als Witz verstehen. Jedenfalls hat es wenig oder nichts mit einem herkömmlichen Verständnis von Wahrheit zu tun, sondern unterläuft dieses gleichsam. Der Anspruch auf Wahrheit ist, so Thomas Bernhard, Lüge, Verfälschung, alles Mitgeteilte ist „Fälschung.“ „Der Wille zur Wahrheit ist wie jeder andere, der rascheste Weg zur Fälschung und zur Verfälschung eines Sachverhalts“, wie er in dem autobiographischen Text Der Keller schreibt. Bernhard hat sich in seinen autobiographischen Texten an diese Maxime gehalten. Bernhard ist „Geschichtenerfinder“, seine Texte sind „Theater“, im genauen Sinn des Wortes. Es ergreift uns, erschüttert uns, stösst uns ab. „Wahrheit“ finden wir nur im Text, nicht in einer vermeintlichen biographischen Authentizität. Ähnlich hat es Picasso gesehen. Die Kunst ist eine Lüge, die zur Wahrheit führt. Die Welt ist absurd, sagt uns Bernhard, aber – ähnlich wie der spätere Camus es sagt – man kann sich wehren, zur „Revolte“ schreiten.
L.I.S.A.
Glück und Unglück der Farben
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Die Ausstellung im Frieder-Burda-Museum Baden-Baden „Emil Nolde. Die Pracht der Farben“ hält, was sie verspricht. In den lichtdurchfluteten Räumen kommt die Farbenpracht der noldeschen Meer- und Blumenbilder erst richtig zur Geltung. Und wie in einer Spiegelung fällt der Blick durch die Fenster auf die Blumenrabatte mit Noldes Lieblingsblumen, eigens für die Ausstellung angelegt. Doch die Idylle trügt. Das Werk und das Leben Noldes waren alles andere als idyllisch.
L.I.S.A.
Glück und Unglück der Farben
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Die Ausstellung im Frieder-Burda-Museum Baden-Baden „Emil Nolde. Die Pracht der Farben“ hält, was sie verspricht. In den lichtdurchfluteten Räumen kommt die Farbenpracht der noldeschen Meer- und Blumenbilder erst richtig zur Geltung. Und wie in einer Spiegelung fällt der Blick durch die Fenster auf die Blumenrabatte mit Noldes Lieblingsblumen, eigens für die Ausstellung angelegt. Doch die Idylle trügt. Das Werk und das Leben Noldes waren alles andere als idyllisch.
L.I.S.A.
In der Hölle der Bourgeoisie
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
„Ein Toter und zwei Schatten – das ist das Werk der Kälte“. Diese Worte, ausgesprochen am Ende des vierten Aktes, sind das Programm des Stückes. Der Tote ist John Gabriel Borkman und die Schatten sind die beiden Frauen, deren Leben er ruiniert hat. Gerade diesen vierten Akt hat die renommierte Regisseurin Andrea Breth, ausgezeichnet mit vielen Preisen, jedoch gestrichen. Auch das ist Programm – ein Gegenprogramm. Der Tod des Protagonisten John Gabriel Borkman würde nicht ins Programm passen. Andrea Breth lässt ihn, bis zum Ende des dritten Aktes, bis zum Ende ihrer Inszenierung, im Fegefeuer eines infernalischen Ehekriegs schmoren. Den Tod, als eine Art Erlösung, enthält sie ihm vor, auch die Versöhnung, die Ibsen am Ende des vierten Aktes vorgesehen hat: zwischen den beiden sich bekriegenden Zwillingsschwestern Gunhild Borkman und der unverheirateten Ella Rentheim, auch wenn sie nur noch „Schatten“ sind. Dass Ella unverheiratet blieb, ist das Ergebnis einer Intrige Borkmans: er wollte sie, seine ehemalige Geliebte, an einen Geschäftspartner verschachern, dem sie sich allerdings verweigert. So heiratete er deren Schwester, die er nicht liebte und zerstörte auf diese Weise zwei Lieben und zwei Leben. Übrig bleiben ein Toter und zwei Schatten. So ähnlich könnte sich Sartre die Hölle vorgestellt haben. Mit Boulevardtheater hat dies offensichtlich nichts zu tun.
L.I.S.A.
In der Hölle der Bourgeoisie
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
„Ein Toter und zwei Schatten – das ist das Werk der Kälte“. Diese Worte, ausgesprochen am Ende des vierten Aktes, sind das Programm des Stückes. Der Tote ist John Gabriel Borkman und die Schatten sind die beiden Frauen, deren Leben er ruiniert hat. Gerade diesen vierten Akt hat die renommierte Regisseurin Andrea Breth, ausgezeichnet mit vielen Preisen, jedoch gestrichen. Auch das ist Programm – ein Gegenprogramm. Der Tod des Protagonisten John Gabriel Borkman würde nicht ins Programm passen. Andrea Breth lässt ihn, bis zum Ende des dritten Aktes, bis zum Ende ihrer Inszenierung, im Fegefeuer eines infernalischen Ehekriegs schmoren. Den Tod, als eine Art Erlösung, enthält sie ihm vor, auch die Versöhnung, die Ibsen am Ende des vierten Aktes vorgesehen hat: zwischen den beiden sich bekriegenden Zwillingsschwestern Gunhild Borkman und der unverheirateten Ella Rentheim, auch wenn sie nur noch „Schatten“ sind. Dass Ella unverheiratet blieb, ist das Ergebnis einer Intrige Borkmans: er wollte sie, seine ehemalige Geliebte, an einen Geschäftspartner verschachern, dem sie sich allerdings verweigert. So heiratete er deren Schwester, die er nicht liebte und zerstörte auf diese Weise zwei Lieben und zwei Leben. Übrig bleiben ein Toter und zwei Schatten. So ähnlich könnte sich Sartre die Hölle vorgestellt haben. Mit Boulevardtheater hat dies offensichtlich nichts zu tun.
L.I.S.A.
Politik und Talkshows
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Gäbe es so etwas wie einen Albtraum des Semantischen, in dem alle Begriffe sich dem Zugriff des Verstandes proteushaft entziehen, dann wäre die europäische Finanzkrise ein gutes Beispiel. Was genau steht uns mit ESM, Fiskalpakt, dem Anleiheankauf der EZB und der geplanten „Bankenunion“ ins Haus – und wer überblickt ihre Kosten und Folgen? Wer weiß heute noch, was auf dem „Gipfel“ vom 29.6.2012 beschlossen wurde, angeblich einem entscheidenden Durchbruch in der Europa-Politik? Heute – viele Monate und einige „Gipfel“ später – ist die geplante Bankenunion zum heftig umstrittenen Zankapfel geworden. Welcher Normalbürger vermag zu beurteilen, ob und wann die EZB – erlaubt – „geldpolitisch“ agiert oder unerlaubte „Staatsfinanzierung“ betreibt? Letztlich gibt es noch nicht einmal Einigung darüber, um was für eine Krise es sich eigentlich handelt. Zunächst einmal sollte es eine „Staatschuldenkrise“ sein, bis man verstand, dass dies zu kurz gegriffen war. Kritischere Köpfe sprachen von einer Finanzkrise und der Sachverständigenrat schlug schließlich eine „systemische Krise“ vor, bei der Staaten, Banken und Realwirtschaft sich in einer unheilvollen Abwärtsspirale bewegten.
L.I.S.A.
Politik und Talkshows
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Gäbe es so etwas wie einen Albtraum des Semantischen, in dem alle Begriffe sich dem Zugriff des Verstandes proteushaft entziehen, dann wäre die europäische Finanzkrise ein gutes Beispiel. Was genau steht uns mit ESM, Fiskalpakt, dem Anleiheankauf der EZB und der geplanten „Bankenunion“ ins Haus – und wer überblickt ihre Kosten und Folgen? Wer weiß heute noch, was auf dem „Gipfel“ vom 29.6.2012 beschlossen wurde, angeblich einem entscheidenden Durchbruch in der Europa-Politik? Heute – viele Monate und einige „Gipfel“ später – ist die geplante Bankenunion zum heftig umstrittenen Zankapfel geworden. Welcher Normalbürger vermag zu beurteilen, ob und wann die EZB – erlaubt – „geldpolitisch“ agiert oder unerlaubte „Staatsfinanzierung“ betreibt? Letztlich gibt es noch nicht einmal Einigung darüber, um was für eine Krise es sich eigentlich handelt. Zunächst einmal sollte es eine „Staatschuldenkrise“ sein, bis man verstand, dass dies zu kurz gegriffen war. Kritischere Köpfe sprachen von einer Finanzkrise und der Sachverständigenrat schlug schließlich eine „systemische Krise“ vor, bei der Staaten, Banken und Realwirtschaft sich in einer unheilvollen Abwärtsspirale bewegten.
L.I.S.A.
Literatur und „demokratischer Diskurs“
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Die deutsche Literatur hat wieder einmal ein veritables event, einen Skandal vielleicht. Dies wird von der Literaturkritikerin der Zeit, Iris Radisch, nicht ohne Wohlgefallen zur Kenntnis genommen: „Die deutsche Literaturkritik, die in der öffentlichen Wahrnehmung keine große Rolle mehr spielt, hat plötzlich einen Skandal. Und zwar einen würdigeren als den letzten, der sich in der Debatte darüber erschöpfte, ob eine Siebzehnjährige zu viele Zeilen aus dem Internetblog eines unbekannten Berliner Diskothekenbesuchers abgeschrieben habe oder nicht“ (Die Zeit, 9/2012). Obwohl sie Georg Diez, dem Kritiker des Romans Imperium von Christian Kracht in diplomatischer Zurückhaltung „hermeneutische Fehler“ unterstellt und auch noch in dem zentralen Punkt, ob der Roman „rassistisch“ sei, Diez kritisiert, rechtfertigt sie dennoch dessen Kritik. Weshalb eigentlich, wenn diese Kritik hermeneutisch „fehlerhaft“ und in ihren Vorwürfen ungerechtfertigt sei? Ich möchte demgegenüber zeigen, dass die Kritik von Diez „fehlerhaft“ ist, weil sie Geist und Ästhetik des Krachtschen Romans verfehlt, geradezu auf den Kopf stellt und darüber hinaus Literaturkritik zu einer politischen Zensurbehörde macht.
L.I.S.A.
Literatur und „demokratischer Diskurs“
by Prof. Dr. Manfred Clemenz •
Die deutsche Literatur hat wieder einmal ein veritables event, einen Skandal vielleicht. Dies wird von der Literaturkritikerin der Zeit, Iris Radisch, nicht ohne Wohlgefallen zur Kenntnis genommen: „Die deutsche Literaturkritik, die in der öffentlichen Wahrnehmung keine große Rolle mehr spielt, hat plötzlich einen Skandal. Und zwar einen würdigeren als den letzten, der sich in der Debatte darüber erschöpfte, ob eine Siebzehnjährige zu viele Zeilen aus dem Internetblog eines unbekannten Berliner Diskothekenbesuchers abgeschrieben habe oder nicht“ (Die Zeit, 9/2012). Obwohl sie Georg Diez, dem Kritiker des Romans Imperium von Christian Kracht in diplomatischer Zurückhaltung „hermeneutische Fehler“ unterstellt und auch noch in dem zentralen Punkt, ob der Roman „rassistisch“ sei, Diez kritisiert, rechtfertigt sie dennoch dessen Kritik. Weshalb eigentlich, wenn diese Kritik hermeneutisch „fehlerhaft“ und in ihren Vorwürfen ungerechtfertigt sei? Ich möchte demgegenüber zeigen, dass die Kritik von Diez „fehlerhaft“ ist, weil sie Geist und Ästhetik des Krachtschen Romans verfehlt, geradezu auf den Kopf stellt und darüber hinaus Literaturkritik zu einer politischen Zensurbehörde macht.